Am Montag, den 23. Februar 2015, unternahmen wir, eine von drei Gruppen des diesjährigen Seminarkurses, einen Ausflug zu der Heil- und Bildungsstätte Ekkarthof in Kreuzlingen(CH), genauer gesagt nach Lengwil.
Der diesjährige Semi-Kurs hat das große Thema Glück, weswegen wir herausfinden wollten, wie Menschen in außergewöhnlichen Lebenslagen mit dem Thema Glück in Verbindung stehen. Weitere Exkursionen gingen in ein Asylbewerberheim nach Markdorf und in ein Hospiz nach Konstanz.
Wir waren zu siebt, inklusive Frau Busse und kamen mit dem Auto nach einiger Suche um ca. 13 Uhr an. Der Ekkarthof verfügt über ein sehr weit umfassendes Gelände, außerdem noch Ableger im Tal. Der Ekkarthof bietet seit 1974 seelenpflegebedürftigen Menschen die Chance, eine heilpädagogische Sonderschule und auch berufliche Ausbildungen zu absolvieren. Den Menschen werden darüber hinaus nach ihrer Zeit am Ekkarthof Arbeitsplätze in verschiedenen Berufsfeldern vermittelt. Neben einer umfasst Sonderschule umfasst der Ekkharthof auch ein Internat und ein Wohnheim mit Beschäftigung für Erwachsene pflegebedürftige Menschen. Schulplätze gibt es ungefähr 60 Stück, für externe Schüler ist eine Tagesstätte vorhanden. Das Internat umfasst 20-30 Plätze, welche in vier Gruppen aufgeteilt sind, die von Menschen im Alter von 4-20 Jahren bewohnt werden. Das Erwachsenenwohnheim bietet ca. 100 Plätze, davon auch in erwähnten Außenstellen.
Nach unserer Ankunft hatten wir ein kurzes Gespräch mit dem Internatsleiter Hr. Spohn, der uns im Vorhinein schon viele interessante Dinge über den Ekkarthof erläutern konnte. Wir hatten sehr viele Fragen, weswegen die eingeplante Zeit von 30 Minuten ziemlich knapp bemessen war. Um 13.30 wurden wir in die Schule hinüber geführt, wo wir von dem sehr freundlichen Schulleiter Hr. Brehm empfangen wurden, von dem wir eine kurze Einleitung erhielten. Wir wurden dann in 2er Gruppen eingeteilt und hatten so die Möglichkeit, verschiedene Kinder in unterschiedlichen Klassen mit variierendem Entwicklungsstand zu besuchen.
Daniel und ich gingen in die Musikgruppe zu Kindern von 16-18, die nach Information des Schulleiters am weitesten in der Entwicklung waren und teilweise sogar bald in eine Ausbildung übertreten werden. Die Gruppe umfasste sieben Kinder, die von einer Musiklehrerin unterrichtet und von zwei weiteren Betreuern unterstützt wurden. Ich durfte mich mit einem ebenfalls 16-jährigen Jungen unterhalten, dem seine Behinderung kaum anzumerken war. In einem tieferen Gespräch erzählte er mir, warum er hier am Ekkarthof sei. Dieser Junge ist extern und er lernt aufgrund seiner langsamen Auffassungsgabe entsprechend langsamer. Für Menschen wie ihn ist der Ekkarthof der perfekte Ort, um sich gut entwickeln zu können. Meiner Meinung nach war er am weitesten von allen aus der Gruppe, was er aber auch wusste, und sich manchmal sogar extra im Unterricht zurückhielt, um den anderen eine Chance zu lassen. In dieser Gruppe durften wir aber auch andere Kinder kennenlernen. Ich erlebte beispielsweise einen Jungen, der nur in seinem Rollstuhl saß und nur durch seinen Computer sprechen konnte. Er tippte dann einfach die Botschaft ein, und ließ sie dann durch seinen Betreuer vorlesen. Auf ihn wurde besonders Rücksicht genommen. Dieser Junge war ein sehr gutes Beispiel für das Zusammenleben von stark beeinträchtigten und weniger stark beeinträchtigten Kindern. So durften wir auch noch viele weitere Kinder kennenlernen, die ich gar nicht alle erwähnen kann. Nach dieser Musikstunde hatte die Gruppe so etwas wie eine Klassenlehrerstunde. Der Junge im Rollstuhl wurde zu einer anderen, speziell für ihn angepasste Therapie gebracht.
Die folgende Zeitstunde war für mich die interessanteste des Tages. Wir saßen an einem Tisch mit sechs Kindern und zwei Betreuern und es fand eine kleine Vorstellungsrunde statt. Die Kinder erzählten über sich, was sie gerne in ihrer Freizeit machen, über ihre Berufswünsche, was ihnen Freude macht und wann sie glücklich sind. Einige der Jugendlichen möchten ein Handwerk erlernen, zum Beispiel eine Schreinerlehre machen, in einem Kfz-Betrieb arbeiten, in der Gastro tätig sein usw. So erfuhren wir sehr viel und erzählten natürlich auch einiges von uns. Zu meinem Erstaunen hatten die Kinder sehr viele Fragen an uns und zeigten reges Interesse im Austausch mit uns, sie haben uns förmlich ausgequetscht! Sie interessierten sich sehr für unser Schulsystem, für das Abitur und für unsere Fächer, Lehrer und Klausuren. Auch mussten wir feststellen, dass diese Jugendlichen viel mehr praktische Erfahrungen in Berufen sammeln konnten als wir. Bei ihnen ist es mehrmals im Jahr möglich, in etwaige Betriebe zu schnuppern. Wir haben ziemlich schnell erkannt, dass wir sie mit unserer einzigen Berufserfahrung, dem BOGY, nicht sonderlich beeindrucken konnten.
Während dieses Gespräches ist mir Eines aufgefallen: das Verhältnis zwischen Betreuer und Kindern ist extrem gut. Die Betreuer wussten alles über ihre Schützlinge und motivierten sie auch richtig zum Lernen und Erzählen. Wenn ein Kind sich einige Zeit nicht am Gespräch beteiligte, haben ihn die Betreuer sofort wieder motiviert und sehr gut mit eingebunden. Die Atmosphäre war außerdem sehr entspannt, keinesfalls verkrampft. Ich trug ein wenig Sorge, dass die Kinder mit dieser Situation von beobachtenden Unbekannten überfordert sind, was aber keineswegs der Fall war. Sie gewöhnten sich sehr schnell an uns und öffneten sich immer mehr. Es hat richtig Spaß gemacht, diese Erfahrung machen zu dürfen. Am Ende dieser Stunde zeigten sie uns noch ihren Stundenplan, und aufgrund unser fragenden Gesichter wurde uns dann schnell erklärt, was beispielsweise in einer „Epoche“ gelernt wird. Dann verabschiedeten sich alle Kinder sowohl von uns, als auch von den Betreuern mit einem Handschlag, wenn nicht sogar durch einen liebevollen Schulterklopfer oder eine Umarmung durch die Betreuer.
Nun trafen wir unsere Gruppe wieder und hatten eine kurze Pause, bevor ein finales Gespräch mit dem Schulleiter führen durften. Dieser erzählte uns sehr viel über seinen persönlichen Antrieb und auch davon, wie er Glück täglich erfährt und was Glück für ihn bedeutet. Auch zu ihm haben alle Kinder eine außerordentlich gute Beziehung. Er kennt natürlich alle mit Namen, und als inmitten unseres Gespräches ein Kind an die Scheibe klopfte, wurde es natürlich persönlich verabschiedet.
Soviel Zeit muss sein.
Das war unsere außerordentlich spannende Exkursion zum Ekkarthof in Lengwil.
Nähere Infos zu der Institution finden Sie unter www.ekkharthof.ch
Ein Bericht von Jannis Schmidle