Ab 2014 ist, neben „Homo Faber“ von Max Frisch und „Dantons Tod“ von Georg Büchner, der Roman „Agnes“ von Peter Stamm an allgemeinbildenden Gymnasien Pflichtlektüre für das Deutschabitur. Da Peter Stamm einer der wenigen noch lebenden Autoren einer Pflichtlektüre ist, habe ich die Gelegenheit genutzt und im Rahmen meiner GFS im Fach Deutsch eine Autorenlesung mit ihm organisiert. Dazu waren sowohl alle Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe mit ihren Deutschlehrern als auch alle anderen interessierten Lehrer eingeladen. Die Lesung fand am Freitag, den 24.01.2014, im Theatersaal statt.
Während unser engagierter Hausmeister Günther Helbig mit mir die letzten Mikrofontests durchführte, ging die Tür auf und überrascht stellte ich fest, dass meine Deutschlehrerin Frau Nagel mit Peter Stamm davor stand. Nach einer sehr herzlichen Begrüßung erklärte er, dass er früher losgefahren sei und deswegen schon etwas früher als erwartet bei uns an der Schule eingetroffen war. Nachdem wir die Tür für die von ihm als „Raubtiere“ bezeichneten Schüler geöffnet hatten, füllte sich der Theatersaal. Neben den Deutschlehrern waren auch unsere Rektorin Frau Brunke-Kullik, deren Stellvertreter Herr Scholten und einige andere Lehrer anwesend.
Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung meinerseits las Herr Stamm mit seiner angenehmen und ruhigen Stimme Kapitel 15 und 16 aus seinem Roman vor, wobei er sehr konzentriert wirkte und kein einziges Mal aufsah. Dies war interessant, da wir so erfuhren, wie er manche Dinge anders betont als wir das gemacht hatten.
Auf die später gestellte Frage, wieso er ausgerechnet diese Textstelle vorgelesen hat, meinte er einerseits, dass er immer verschiedene Stellen vorlese, damit es nicht langweilig wird, andererseits, dass er diesen Textauszug sehr oft vorlese, da er findet, dass der Ausflug von Agnes und dem Ich-Erzähler in den Nationalpark wie eine eigene kleine Geschichte innerhalb der Handlung sei und man so nichts aus dem Zusammenhang reiße. Die verhältnismäßig kurze Zeit, die er vorgelesen hat, begründete er damit, dass er uns genug Zeit zum Fragen geben möchte und diese nicht nur mit Vorlesen füllen will.
Wie erwartet wurde natürlich auch die Frage gestellt, ob Agnes nun am Ende tatsächlich tot sei oder nicht, da dies schon oft und lange im Unterricht diskutiert worden war. Nach allgemeinem Lachen antwortete er schmunzelnd, dass es darauf keine Antwort gebe, man jedoch in einer Interpretation beide Seiten vertreten könne, da es sowohl Argumente für als auch gegen den Tod von Agnes gebe.
Wieso hat der Ich-Erzähler keinen Namen?
Seine Antwort: „Wenn Sie von etwas erzählen, was Sie erlebt haben, werden Sie sich vermutlich auch nicht beim Namen nennen, sondern einfach ‚Ich‘ sagen.“
Mit Antworten wie dieser brachte er meist den ganzen Saal zum Lachen. Allgemein war die Stimmung sehr entspannt, trotzdem waren alle Schülerinnen und Schüler konzentriert bei der Sache. Die meisten seiner Antworten waren sehr diplomatisch und ausführlich, da er selbst der Meinung ist, dass ein Autor nicht alles über sein Buch wissen müsse.
Gegen Ende erwähnte er noch einmal, dass er leider nicht alle Einladungen zu Lesungen annehmen könne, weshalb ich mich natürlich umso mehr freue, dass alles so hervorragend funktioniert hat.
Nach der Fragerunde und der Übergabe des „Weinpräsents“ bestand die Möglichkeit, sein Buch signieren zu lassen, was auch viele nutzten. Einige Schüler machten sogar noch Fotos mit Herrn Stamm.
Die Organisation der Lesung war nur mit viel Unterstützung möglich. Mein besonderer Dank gilt:
- dem Förderverein der Schule, der die Kosten übernommen hat
- unserer Sekretärin Frau Vögele, die mich bei vielem super unterstütz hat
- dem Südkurier und der Schwäbischen Zeitung für Ihre Berichterstattung
- Frau Nagel, für die Unterstützung und die Möglichkeit die Lesung als GFS zu organisieren
- Günther Helbig, der mir alles im Theatersaal hingerichtet hat und schwere Minuten vor der Lesung, als die Mikros plötzlich nicht mehr gingen, mit mir durchgestanden hat
- Herr Herrbold, der das „Mikroproblem“ lösen konnte
- meinen Protokollantinnen Anna Müller, Julia Weiß und Franziska Werner fürs Mitschreiben
- Nico Thomas und Jonathan Ristow für die Fotos (zu der Fotostrecke )
- der Hauswirtschaft für die Verpflegung
- Frau Brunke-Kullik für die Unterstützung und das „Weinpräsent“
- Frau Pitz dafür, dass alle Deutsch-Kursstufen-Lehrer anwesend sein konnten
- allen Schülerinnen und Schülern, die anwesend waren, ganz besonders denen, die Fragen gestellt haben
Verena Theurer
Zu der Fotostrecke von der Autorenlesung Video mit Ausschnitten der Lesung